Konzept in Halle
Evaluation von Studium und Lehre an der Universität Halle-Wittenberg
Inhalt
I. Grundsätze
Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg setzt auf ein Evaluationskonzept, das die Eigenverantwortlichkeit der Universitätsmitglieder in das Zentrum der Maßnahmen zur Qualitätssicherung und -entwicklung von Studium und Lehre stellt. Ziel ist es, das vorhandene Engagement der WissenschaftlerInnen für die Lehre zu fördern und über diesen Weg Studium und Lehre attraktiver zu gestalten.
Dementsprechend beschloss der Akademische Senat auf seiner Sitzung am 9.12.1998 folgende Grundsätze der Evaluation von Studium und Lehre:
1. Gemäß dem Prinzip der Selbstorganisation der Wissenschaften wird die Universität selbst initiativ und gestaltet das Prozedere und die inhaltliche Ausrichtung der Evaluation nach eigenen Vorstellungen. Dabei wird auf eine möglichst breite Beteiligung der Mitglieder der Universität an dem Verfahren gesetzt.
2. Das Ziel der Evaluation ist es, die Universität, die Fakultäten und Fachbereiche, die Institute und die Mitglieder der Universität zu unterstützen, die Qualität von Studium und Lehre zu sichern und zu entwickeln.
II. Rechtsgrundlagen
Gesetze und Verordnungen schaffen den Rahmen in dem die Evaluation von Studium und Lehre durchgeführt werden kann. Mit der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes (§ 6 HRG i.d.F. von 2002), welches die regelmäßige Bewertung der Qualität der Lehre unter Mitwirkung der Studierenden zwingend vorschreibt, ist Qualitätssicherung eine Forderung des Bundesgesetzgebers.
Konkretere Angaben zur Evaluation von Studium und Lehre finden sich im Hochschulgesetz Sachsen-Anhalts § 7 Qualität der Lehre (Fassung vom 05.05.2004).
III. Projekte
Lehrveranstaltungsevaluation an der Martin-Luther-Universität
Der direkteste Weg, Kennzeichen guter Lehre zu finden, besteht darin die Beteiligten zu befragen. Hier hat die Martin-Luther-Universität angesetzt und führt seit 1998 kontinuierlich Lehrveranstaltungsbefragungen durch.
Die Lehrveranstaltungsevaluation setzte an einzelnen Veranstaltungen am Ende des Semesters an. Sie ermöglicht eine fundierte Rückmeldung über die Qualität der Lehrveranstaltungen durch die involvierten Personen und trägt zur Qualitätsverbesserung der Lehre bei. Für die Lehrveranstaltungsevaluation wird vom Evaluationsbüro ein standardisierter Itempool zur Verfügung gestellt, der eine Beurteilung der Veranstaltungsqualität durch eine Mischung standardisierter Items, veranstaltungsspezifischer und offener Fragen (die eigenständig selbstformuliert beantwortet werden) ermöglicht. Wesentlicher Bestandteil des Konzepts der Lehrveranstaltungsevaluation an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ist die Präsentation und Diskussion der Ergebnisse in der jeweiligen Lehrveranstaltung am Ende des Semesters. Die Ergebnispräsentation und der Dialog zwischen Studierenden und Lehrendem initiieren eine über die Befragung hinaus gehende Diskussion über die Weiterentwicklung und Verbesserungsmöglichkeiten der Qualität der Lehre aus Sicht aller Beteiligten.
Mit den Verfahren der Lehrveranstaltungsevaluation konnte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ein Evaluationsprozess institutionalisiert werden, der zu einer kontinuierlichen Qualitätssicherung und -entwicklung von Studium und der Lehre beiträgt.
Seit dem Sommersemester 2008 wird die Lehrveranstaltungsevaluation mit der Software EvaSys durchgeführt. Sowohl Papier- als auch online-Befragungen sind nun schnell, problemlos und sicher möglich.
Fachevaluative Befragungen an der Martin-Luther-Universität
Gute Lehre besteht nicht nur aus didaktisch erfolgreichen Lehrveranstaltungen, sondern benötigt auch ein entsprechendes Umfeld, geprägt durch institutionelle und strukturelle Rahmenbedingungen.
Seit 1999 werden vom Evaluationsbüro verschiedene fachevaluative Befragungen durchgeführt. Neben der Studienabschluss- und Hochschullehrendenbefragung wurden, im Zusammenhang mit der Lehrevaluation im Universitätsverbund, Studierende zu den Bedingungen in ihrem Studienfach befragt.
Derzeit wird im Prorektorat für Studium, Lehre, Weiterbildung und internationale Beziehungen ein umfassendes Konzept, dass in eine Evaluationsordnung Eingang finden soll, erarbeitet.
Studienabschlussbefragung und Absolventenstudie
Im Studienjahr 1999/2000 wurde im Auftrag des Akademischen Senats eine universitätsweite schriftliche Befragung der AbsolventInnen (Studdienabschlussbefragung) durch das Evaluationsbüro durchgeführt.
Absolventen sind die einzige Gruppe der Studierenden, die einen fundierten Überblick über den gesamten Studienverlauf, einschließlich Abschlussprüfungen und Abschlussarbeiten haben, deshalb misst die Martin-Luther-Universität ihren Einschätzungen eine zentrale Bedeutung im Qualitätssicherungsprozess bei.
Das Projekt wurde kontinuierlich fortgesetzt und Entwicklungsprozesse der Einschätzungsmuster aller StudienabgängerInnen der Universität Halle beobachtet.
Komplementär zur Studienabschlussbefragung sollen die Absolventen nun auch in regelmäßigen Abständen wiederholt befragt werden. Die hier Befragten bewerten im Rückblick und vor dem Hintergrund ihrer Berufserfahrung verschiedene Aspekte des Studiums wie Studienangebot und -organisation, Betreuung und Ausstattung sowie die Vermittlung verschiedener berufsrelevanter Kompetenzen anders, als Studierende und Absolventen zum Abschluss ihres Studiums. Darüber hinaus liefern Sie Informationen über ihren Berufseinstieg und ihre gegenwärtige Beschäftigung. Eine solche Studie gibt Aufschluss über die Entwicklung von Tätigkeitsfeldern und die berufspraktische Relevanz von Lehrinhalten.
Lehrevaluation in der Universitätspartnerschaft Halle-Jena-Leipzig
Die „Lehrevaluation in der Universitätspartnerschaft“ (LEU) ist ein gemeinsames Verfahren zur Evaluation der Studienqualität an den drei Universitäten Halle-Jena-Leipzig. Am 24. Mai 2000 unterzeichneten die drei Rektorate eine entsprechende Vereinbarung. Seitdem werden in einem abgestimmten wissenschaftlichen Vorgehen Fächergruppen der drei Universitäten evaluiert.
Gegenstand der Verbundevaluation sind Studienfächer (und nicht einzelne Lehrveranstaltungen!), das heißt: Studien- und Prüfungsorganisation, Studienablauf, Lehrangebot, Service, Rahmenbedingungen etc. der in diesem Fach angebotenen Studiengänge. Zusammengefasst geht es hierbei um ein dreistufiges Verfahren. Die erste Stufe umfasst die Selbstevaluation ausgewählter Studienfächer anhand gemeinsam bestimmter Qualitätsziele, u.a. mit Hilfe von Befragungen der Studierenden und Lehrenden. Resultat dieser Eigenevaluation ist der Selbstreport. Aufbauend auf den Selbstevaluationsberichten aus den drei Universitäten begutachtet in der zweiten Stufe dann eine externe Gutachtergruppe in Halle, Jena und Leipzig die Lehrsituation dieser Studienfächer und erarbeitet Empfehlungen. In einer dritten Stufe werden zwischen den evaluierten Studienfächern und den jeweiligen Universitätsleitungen Vereinbarungen über die Sicherung und, wo notwendig, die Verbesserung der Lehre getroffen.
Folgende Fächer wurden evaluiert
2000/2001
- Geowissenschaften
- Romanistik
- Psychologie
2001/2002
- Physik
- Anglistik/ Amerikanistik
- Slavistik
- Rechtswissenschaften
2002/2003
- Biowissenschaften
- Slavistik
- Geschichte
2003/2004
- Mathematik/ Informatik
- Germanistik
- Erziehungswissenschaften
2004/2005
- Zahnmedizin
Aufgrund tiefgreifender Strukturveränderungen an den drei Partneruniversitäten stößt das Projekt LEU nach vier Jahren erfolgreicher Laufzeit an seine Grenzen. Das Rektorat der Universität Leipzig sieht sich veranlasst im März 2005 vorzeitig aus dem Verfahren und damit verbundenen Verpflichtungen auszusteigen. Die Rektorate der Universitäten Halle und Jena entschlossen sich demgegenüber für einen geordneten Abschluss des Verfahrens Ende 2005.
Derzeit wird ein adäquates Konzept zur Studienfachevaluation entwickelt.
IV. Qualitätsentwicklung
Die Ausrichtung auf das Ziel "Verbesserung der Lehre" gilt für alle Evaluationsebenen. Gut durchgeführt, leistet Evaluation eine fundierte Analyse des Ist-Zustands. Schwächen und Stärken werden offensichtlich gemacht. Lehrveranstaltungsevaluationen bringen nicht nur Tadel für den Bewerteten mit sich, positive Ergebnisse können auch motivierend wirken. Doch gerade von der studentischen Kritik an der Lehre lebt das "Evaluationsgeschäft". Nur: Was tun bei negativen Ergebnissen? Vieles kann schon im Dialog zwischen Lehrenden und Studierenden verbessert werden. Gerade auf diese diskursive Seite des Evaluationskonzepts wird an der Universität Halle sehr viel Wert gelegt. So kann die Beseitigung vieler Beanstandungen von den Betreffenden selbst in Angriff genommen werden. Bei anderen Kritikpunkten hingegen ist eine professionelle Unterstützung von außen notwendig. Dies betrifft vornehmlich den Bereich der didaktischen, rhetorischen und im weitesten Sinne medientechnischen Kompetenzen der Lehrenden. Qualitätsentwicklung umfasst beides: nicht nur die Diagnose der Lehrqualität, sondern auch die darauf aufbauende "Therapie" von didaktischen Defiziten bzw. die Weiterentwicklung der kommunikativen Fähigkeiten. Auch in der Hochschullehrer-Befragung vom Wintersemester 1998/1999 wurde von der Mehrheit der Befragten ein Bedarf an didaktischer und rhetorischer Fortbildung bejaht. Daher bietet die Abteilung wissenschaftliche Weiterbildung Seminare an, in denen praxisnahes Handlungswissen für Lehrende vermittelt werden soll. Derartige Kurse machen das Qualitätsentwicklungskonzept der Universität Halle erst zu einer runden Sache.
Die Teilnahme an den Seminaren ist selbstverständlich freiwillig. Die Trainingskurse sollen offen für alle Lehrenden sein, wobei die Addressaten vornehmlich die Angehörigen des wissenschaftlichen Nachwuchses sind. Insbesondere die Lehrenden, die an einer Lehrveranstaltungsevaluation teilgenommen haben, sollen auf das Angebot der Kommunikationstrainings aufmerksam gemacht werden. Auf diese Weise können Evaluationsergebnisse direkt in die Kurse mit einfließen und zur Verbesserung der Lehre beitragen.
Ziel der Kurse ist es, die Teilnehmenden zu unterstützen, eigene Schwächen und Stärken in der Kommunikation zu erkennen, den Schwächen ihren Schrecken zu nehmen und den Stärken zur Geltung zu verhelfen. Dies geschieht durch qualifizierte Rückmeldung der Teilnehmenden und der Trainerin auf das Kommunikationsverhalten der Einzelnen. Zusammen mit dem Feedback werden gangbare Alternativen und Lösungsmöglichkeiten einer erfolgreichen Kommunikation aufgezeigt. Den Teilnehmenden soll die Möglichkeit gegeben werden, über ihr eigenes Verhalten zu reflektieren und - so sie dieses wünschen - neue Verhaltensweisen zu erproben.